Naturama Aarau: Eingangsreferat zur Diskussion „Wieviel Gegenwind hat die Windenergie“ von Hans Christoph Binswanger

Windenergie Aargau

Aarau, 27. April 2010

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung:

Prof. Dr. Hans Christoph Binswanger
IWÖ-HSG
Tigerbergstrasse 2
CH-9000 St. Gallen

Meine Damen und Herren,

In meinem einleitenden Referat möchte ich einige generelle Bemerkungen machen zur Förderung der erneuerbaren Energien in der Schweiz und einige spezielle Bemerkungen zur Förderung der Windenergie in der Schweiz und im Kanton Aargau. Dabei gehe ich von den zwei offiziellen Zielen für die Förderung der erneuerbaren Energien im Rahmen einer nachhaltigen Energiepolitik aus. Sie sollen

  • erstens zur Minderung der CO2-Emissionen im Interesse des Klimaschutzes beitragen, und
  • zweitens die nicht-erneuerbaren und damit erschöpflichen fossilen Energieträger im Interesse der langfristigen Sicherung der Energieversorgung soweit wie möglich ersetzen bzw. ergänzen.

Beide Zielsetzungen werden zwar, wie Sie wissen, heute im Zusammenhang mit den Zweifeln an den IPCC-Reports, sowie mit dem Streit um den Zeitpunkt eines allfälligen Oil-Peaks kontrovers diskutiert. Ich gehe auf diese Auseinandersetzung aber nicht ein, sondern nehme vielmehr an, dass diese zwei Zielsetzungen weiterhin ihre Gültigkeit behalten. Im folgenden geht es mir daher nur um die Frage, welchen Beitrag die erneuerbaren Energien und insbesondere die Windenergie in der Schweiz zur Erreichung der genannten Zielsetzungen leisten können.

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Zuerst zum Ziel des Klimaschutzes. Hier ist zu unterscheiden zwischen dem Einsatz der erneuerbaren Energien im Heiz- und Verkehrsbereich einerseits und im Strombereich andererseits. Da in der Schweiz die fossilen Energieträger praktisch nur im Heiz- und Verkehrsbereich eingesetzt werden, liegt vor allem hier die grosse Chance für den Beitrag der erneuerbaren Energien zur Reduktion der CO2-Emissionen. Anders verhält es sich im Strombereich. Der Strom wird in der Schweiz zum ganz überwiegenden Teil durch Wasserkaft und Atomenergie bereitgestellt und ist damit bereits weitgehend CO2-frei. Nur beim Import von Strom können allenfalls die CO2-Emissionen reduziert werden. Aber auch der Importstrom stammt zu einem wesentlichen Teil aus CO2-freien Energiequellen, nämlich aus französischen Atomkraftwerken und neuerdings auch aus deutschen Windkraftanlagen, die bei stossweisem Windanfall sogar gratis Strom in die Schweiz liefern. Insgesamt fällt daher der Beitrag der erneuerbaren Energien zum Klimaschutz in der Schweiz im Strombereich – im Unterschied, ich betone es nochmals, zum Heiz- und Verkehrsbereich – kaum ins Gewicht. Es ist praktisch zu vernachlässigen.

Etwas anders verhält es sich, wenn man die erneuerbaren Energien unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Energieversorgung betrachtet. Auch wenn die Einsparung von Energie den Vorrang haben muss, können sie – auch im Strombereich – einen gewissen Beitrag leisten. Dabei gilt es aber zwischen den verschiedenen erneuerbaren Energien zu unterscheiden, denn die Unterschiede zwischen ihnen sind bezüglich der Kosten, des Potenzials und allfälliger negativer ökologischer Seiteneffekte bedeutend. Im Vordergrund steht vor allem die verstärkte Exploration der Geothermie. Eine gewisse Bedeutung kann auch noch der Ausbau der bereits bestehenden Wasserkraftwerke und der Bau von Kleinwasserkraftwerken haben. Allerdings ist wegen der notwendigen Rücksicht auf den Schutz der Fischpopulationen und auf den Landschaftsschutz grosse Vorsicht geboten. Geringere Bedeutung hat die Gewinnung von Strom aus Biomasse, die nur aus biologischen Abfällen bereit gestellt werden sollte und zudem effizienter im Heiz- und Verkehrsbereich als im Strombereich einzusetzen ist. Grösser ist das Potenzial der Photovoltaik, auch unter dem Vorbehalt des Ortsbild- und Landschaftsschutzes. Zwar sind die Produktionskosten heute noch zu hoch. Sie sind aber im Ganzen nicht höher als in unseren Nachbarländern und dürften in absehbarer Zeit deutlich sinken.

Diese Einschätzungen gelten übrigens auch für die Möglichkeit zum Ersatz von Atomenergie. Ihre Nutzung sollte meiner Ansicht nach mindestens längerfristig vor allem wegen der Problematik der Endlagerung der atomaren Abfälle auslaufen. Entscheidend ist jedoch die Energieeinsparung. Ohne eine radikale Einsparung kann auf Atomenergie nicht verzichtet werden.

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Wie steht es nun mit der Windenergie? Ihre Produktionskosten sind zwar vorläufig niedriger als diejenigen der Photovoltaik, aber sie sind in der Schweiz wesentlich höher als in dem uns umgebenden Ausland. Sie fällt unregelmässig an. Ihr Potenzial ist gering. Die Schweiz ist ein Wasserland, kein Windland. In früheren Jahrhunderten wurden daher keine Windmühlen, sondern nur Wassermühlen gebaut. Es gab meines Wissens früher nur eine einzige Windmühle – am Genfersee -, aber auch diese soll nicht funktioniert haben. Der Wind weht in der Schweiz zu unregelmässig und zu schwach. Ich kenne nur einen einzigen Standort in der Schweiz – in Collonges im Wallis – wo der Wind mit einer Stärke weht, die derjenigen an windhöffigen Standorten um uns herum vergleichbar ist. Als ich einmal die dortigen Windkraftanlagen bei schönstem Wetter besucht habe, pfiff der Wind tatsächlich lautstark durch die Talenge. Allerdings standen die Anlagen still, sei es weil sie gerade in Reparatur waren, oder weil der Wind sogar zu stark wehte, denn bekanntlich dürfen sich die Rotoren bei einer Windstärke über einer bestimmten Obergrenze hinaus nicht drehen, weil sie sonst beschädigt werden können. Sie werden daher, wenn diese Obergrenze erreicht ist, automatisch stillgelegt.

Die grundsätzlich ungünstigen Windverhältnisse in der Schweiz werden manifest, wenn man die Einspeisevergütung in der Schweiz und diejenige in Deutschland vergleicht. In Deutschland beträgt sie heute 9,2 Euro-Cents pro kwh, also ca. 14 Rp./kwh. (In den anderen Nachbarländern ist die Vergütung ähnlich hoch.). Die Vergütung von 14 Rp.-  sie war sogar bis vor kurzem noch wesentlich tiefer – hat offensichtlich genügt, um die riesige Menge von WEA – es sind ca. 22’000 Anlagen -, die heute in Deutschland stehen, rentabel zu machen. In der Schweiz beträgt die Einspeisevergütung demgegenüber 20 Rp./kwh mit allfälligen kleinen Abstrichen in der Zukunft, ist also um fast ein Drittel höher. 14 Rp./kwh scheinen also völlig ungenügend zu sein, um den Bau von WEA bei uns attraktiv zu machen, obwohl sie in Deutschland noch eine respektable Gewinnmarge enthalten. Damit stellt sich die Frage, inwieweit eine Förderung der Windenergie in der Schweiz überhaupt sinnvoll ist. Ihre Förderung widerspricht auf jeden Fall völlig dem Prinzip der komparativen Kosten, wonach man nicht in jedem Land alles produzieren, sondern vielmehr die Produktion international auf die jeweils günstigsten Standorte verteilen soll. Dies ist übrigens auch die Idee des Emissions-Tradings, des Handels mit Emissionsrechten. Er soll bewirken, dass man die Emission von CO2 nicht wahllos überall mindert, sondern vielmehr dort, wo es am Günstigsten ist. Es ist nicht einzusehen, warum dies nicht auch als Maxime für die Windenergie gelten soll. Man produziert sie am Günstigsten an den Meeresküsten, wo starke Winde wehen, und nicht in einem Binnenland wie der Schweiz mit ihren schwachen Winden. Hier sind nicht nur die Kosten zu hoch, sondern auch das Potenzial ist zu gering. Selbst dann, wenn man alle nutzbaren Standorte, bei denen sich die Errichtung von WEA bei einer Einspeisevergütung von 20Rp./kwh gerade noch lohnt, einbezieht, würde die Windenergie gemäss Angaben des Bundesamtes für Energie bis 2030 nicht mehr als 600 Gwh produzieren, also nicht einmal 1% von 68’000 Gwh. Das ist die Landeserzeugung von Strom in der Schweiz im Jahr 2009. Zwar wird von der Windenergie-Lobby behauptet, die Windenergie könne bis 2050 6-7% der Landeserzeugung liefern. Dies ist aber sicher eine Phantasiezahl. In der gerade erschienenen Sonderbeilage der NZZ „Brennpunkt Energie“ heisst es zu den Prophezeiungen über Energiepotentiale: „Gute von falschen Propheten zu unterscheiden, ist schwierig. Misstrauen ist angebracht bei denen, die nur die Produkte ihrer eigenen Branche für das Abwenden der Energiekrise anpreisen.“ Es ist nicht einzusehen, wie man vom Jahr 2030 auf das Jahr 2050 die Windenergie-Erzeugung,  auch wenn man eventuelle Effizienzverbesserungen unterstellt, auf das Siebenfache steigern kann, zumal zweifellos die relativ besten Standorte schon bis 2030 verbaut sein werden – wenn es überhaupt zu der an sich schon enormen Erhöhung der Windenergieerzeugung von heute 27 Gwh auf 600 Gwh, also von heute kaum 0,05% auf ca. 1% kommt. Im Konzept Windenergie Schweiz aus dem Jahr 2004 war übrigens nur von 50 – 100 Gwh als Potenzial für die Windenergieerzeugung in der Schweiz die Rede.

Eine besondere Krux der Windenergie sind ihre negativen Seiteneffekte im ökologischen Bereich. Sie werden im Kommentar zum Richtplan des Kantons Aargau aufgezählt. Es handelt sich – ich zitiere – um die Lärmimmissionen und den Schattenwurf der WEA, die zu Störungen des Wohlbefindens der Bevölkerung führen, sowie um die Verdrängung weiterer Ansprüche an den Raum, nämlich Ansprüche für die Sicherung des Grundwassers, für die Landwirtschaft, für die Flugsicherheit, für die Freizeitnutzungen usw. sowie um die Beeinträchtigung von schützenswerten Fauna-Lebensräumen (Vögel und Fledermäuse). Gerade zu diesem Punkt ist im letzten Rundbrief der Schweizerischen Vogelwarte und des Schweizer Vogelschutzes (SVS) ein spezieller Artikel erschienen, in dem es heisst: „Vogelwarte und SVS erwarten von den Behörden, dass auf das Erstellen von Windparks in konfliktträchtigen und sensiblen Gebieten verzichtet wird. Die Biodiversität darf nicht den hohen Preis für den kleinen Beitrag zu unserer gesamten Energieversorgung zahlen.“

Im Vordergrund der negativen Seiteneffekte steht aber die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft sowohl durch die WEA selbst wie durch die dazugehörende Infrastruktur (Übertragungsleitungen, Erschliessung, Bauplatz, usw.). Diese Beeinträchtigung ist in der Schweiz besonders ausgeprägt, weil in unserem Land die WEA, um überhaupt etwas Wind auffangen zu können, vor allem auf die Hügel des Jura und der Voralpen gestellt werden müssen, und deshalb von weither sichtbar sind. Sie beeinträchtigen daher das Landschaftsbild in noch wesentlich höherem Ausmass als die WEA in Deutschland, wo sie zu einem grossen Teil auf ebenen Flächen errichtet werden können. Die Beeinflussung des Landschaftsbildes könne allerdings – so heisst es im Aargauer Kommentar – je nach subjektivem Empfinden als Beeinträchtigung oder als Bereicherung empfunden werden. Sie scheint daher nur eine Geschmacksache zu sein. Dies kann man aber so nicht gelten lassen. Es ist zwar verständlich, dass Windenergie-Fans über jede WEA, die sie erblicken, begeistert sind. Aber dass das Landschaftsbild durch die Windtürme beeinträchtigt wird, ist evident. Die WEA sind technische Konstrukte, Maschinen, die sich vor die Natur stellen und zudem, wenn die Rotoren drehen, das Auge auf sich und von der Landschaft abziehen. Einzelne mittelhohe Anlagen können zwar geeignete Akzente in die Landschaft setzen. Eine Massierung von Anlagen, aber auch einzelne hohe Windenergietürme, zerstören jedoch das Landschaftsbild grundlegend. In der „Empfehlung zur Planung von Windenergieanlagen“ des Bundesamts für Energie wird daher richtigerweise gerade dem Schutz der Landschaft besondere Bedeutung beigemessen. Es heisst dort ausdrücklich unter Punkt 1.6: „Die Nutzung der Windenergie und der Landschaftsschutz stehen … oft in Konflikt zueinander.“ Unter dem Punkt 4.1 ist zudem die Rede von der „Schönheit und Empfindlichkeit der betroffenen Landschaft sowie der schützenswerten Natur- und Kulturwerke.“ Die Bedeutung der Erhaltung der für unser Land charakteristischen Kulturlandschaft möchte ich mit einem Hinweis auf das Buch „Die ausgewechselte Landschaft“ vom K.C. Ewald unterstreichen, das im jüngsten Informationsblatt der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL sehr positiv besprochen worden ist. Hier ist die Rede von den vielfachen Verfehlungen und Versäumnissen – Ewald spricht sogar von Verbrechen – an der schweizerischen Kulturlandschaft in verschiedenen Dimensionen. Umso dringlicher stellt sich die Frage, ob bzw. inwieweit diesen noch die Dimension „Windenergie“ hinzugefügt werden darf.

Den negativen Effekten der Windenergie in der Schweiz steht als positiver Effekt eigentlich nur der Symbolwert der Windenergie gegenüber, der sich vor allem daraus ergibt, dass es die einzige erneuerbare Energie ist, die sich gut fotografieren lässt. Daher wird fast überall, wo von erneuerbaren Energien die Rede ist, zur Illustration ein Bild mit Windkraftanlagen hinzu gestellt. In der bereits erwähnten „Empfehlung“ des Bundesamtes für Energie wird der Symbolwert der WEA präzisiert. Es heisst unter Punkt 3.2: Windenergieprojekte könnten an geeigneten Standorten „die Gelegenheit geben, eine neue regionale Identität zu definieren. Zudem machen Windenergieanlagen die natürliche Energieform Wind und deren Nutzung zur Stromproduktion sichtbar und können somit generelle Überlegungen zur Nachhaltigkeit der Energieproduktion anregen.“ Damit dürfte – es liegt nahe, dies zu vermuten – vor allem die Windparks auf dem Mont Crosin/Mont Soleil gemeint sein. Lassen wir dies gelten!

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Welches Fazit ist nun aus all diesen Überlegungen für die kantonale Planung von Windenergie zu ziehen? Ich meine: Angesichts der praktischen Bedeutungslosigkeit der Windenergie für die Erreichung der beiden Ziele einer nachhaltigen Energiepolitik, der Minderung der CO2-Emissionen und der Sicherung der Energieversorgung  – aber auch für einen allfälligen Ersatz von Atomenergie wegen ihrer nur sporadischen Stromlieferung – ist in der Schweiz den Nutzungsinteressen nur eine untergeordnete Bedeutung beizumessen. Umso höher müssen die Schutzinteressen gewichtet werden. Dies sollte auch in der kantonalen Planung zur Geltung kommen. Dabei ist hervorzuheben, dass in der „Empfehlung“ des Bundesamtes für Energie – ich beziehe mich auf Punkt 4.2.1. – den Kantonen ein relativ grosser Spielraum gelassen wird, nicht nur für die kantonalen Gesetzgebung, sondern auch – wie es in der endgültigen Fassung der „Empfehlung“ ausdrücklich heisst – „für die kantonale Planung“.

Ich schlage für den Kanton Aargau vor: Erstens sollten alle Ausschlussgebiete, also alle Gebiete, wo der Bau von WEA im Prinzip ausgeschlossen ist, ohne Ausnahmen für den Bau von WEA tabu sein. Entscheidend ist ausserdem, dass in die  kantonale Planung nicht nur alle in der „Empfehlung“ des Bundesamtes für Energie genannten Kriterien für den Ausschluss aufgenommen werden, sondern weitere Kriterien, die in der „Empfehlung“ nur als Vorbehaltskriterien genannt sind, so insbesondere:

  • kantonale Biotopinventare und Schutzgebiete
  • Schutzgebiete und Objekte von regionaler und lokaler Bedeutung
  • prägende Landschaftsbereiche und -elemente (z.B. gut sichtbare Kreten)
  • regionale Naturpärke
  • Gebiete mit Konzentration von ziehenden, rastenden und nächtigenden Vögeln (Zugkorridore, Zugvogelkonzentration, Rast- und Ruheplätze)
  • Lärmemissionen auf bewohnte Gebiete, wobei, wie ich hinzufügen möchte, der Lärm der Rotoren über 1 km Entfernung störend sein kann.

Das heisst: Alle Standorte, für die diese Kriterien massgebend sind, sollten zusätzlich als Ausschlussgebiete gelten.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die vielfach geforderte Vereinfachung des Bewilligungsverfahrens nicht nur dadurch realisiert werden kann, dass der eine oder andere bisher vorgesehene Zwischenschritt ausgelassen und so die Bewilligung erleichtert wird, sondern auch, dass von vornherein klargestellt wird, wo eine Bewilligung nicht in Frage kommt, und so potentzielle Gesuchsteller gar nicht veranlasst werden, sich auf ein langwieriges Verfahren einzulassen.

Zweitens sollte unterschieden werden zwischen Standorten, auf denen sich die Installierung von WEA auch bei einer Einspeisevergütung lohnt, wie sie in Deutschland – und ähnlich in den übrigen Nachbarländern – gilt, nämlich bei 14 Rp./kwh, und den Standorten, auf denen bei dieser Einspeisevergütung wegen der geringeren Windstärke in der Schweiz gar keine WEA gebaut würden. Die 14 Rp.-Grenze dürfte meiner Schätzung nach bei 6 m/sek auf 50 m über Grund liegen. Ich stütze mich dabei auf die Berechnung des Referenzertrags in den deutschen „Technischen Richtlinien für Windenergieanlagen“, die sich auf dem Beispiel einer WEA beziehen, deren Nabenhöhe 52 m beträgt und sich auf einem Referenzstandort befindet, wo die mittlere Jahresgeschwindigkeit 6,03 m/sek. für die WEA gemessen wurden. Ich postuliere darum, dass im Aargau für alle Standorte mit einer geringeren Windgeschwindigkeit als 6m/sek auf 50 m über Grund die Schutzinteressen, soweit sie nicht schon zum generellen Ausschluss von WEA geführt haben, ein stärkeres Gewicht erhalten, indem nicht der Schutzwert, sondern das Nicht-Vorhandensein eines Schutzwerts belegt werden muss, damit eine Bewilligung erteilt wird. Nur in den Standorten mit einer Windstärke von 6 m/sek. und mehr auf 50 m über Grund wären Schutz- und Nutzungsinteressen zunächst als gleichwertig zu betrachten. Damit dieser Unterscheidung Rechnung getragen werden kann, schlage ich vor,  im Aargau eine zusätzliche Karte der Windpotenzialgebiete zu erstellen, in der die Standorte mit einer Windstärke von  6 m/sek. und mehr auf 50 m über Grund ausgewiesen sind.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf das Verwirrspiel aufmerksam machen, das mit den Angabe über die Windstärke auf verschiedenen Höhen über Grund getrieben wird. Diese Angabe ist von grosser Bedeutung, denn bekanntlich nimmt die Windstärke und mit der Windstärke die Potenz des Windes mit der Höhe über Grund stark zu. Ursprünglich hat man die Windstärke auf einer Höhe von 10 m über Grund gemessen. In der „Empfehlung“ des Bundesamtes für Energie werden im Entwurf vom August 2009 die Gebiete mit den unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten auf 70 m über Grund, in der endgültigen Fassung die Gebiete mit den Windgeschwindigkeiten von 100 m über Grund ausgewiesen. Der Aargauer Richtplan stellt ab auf die Windstärke auf 50 m über Grund. Dies muss beachtet werden!

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Meine Damen und Herren,

Die Planung der Windenergie ist für die vielgestaltige schweizerische Landschaft und grossen Bevölkerungsdichte von grösster Bedeutung, noch wesentlich grösser als für andere Länder, auch grösser als für unsere Nachbarländer, welche noch über umfassendere Freiräume verfügen. Sie muss daher in der Schweiz mit noch grösserer Sorgfalt – und das bedeutet auch in einem restriktiveren Sinne – vorgenommen werden. Die Einsicht in die physische und damit auch ökonomische Ineffizienz der Windenergie in unserem Land sollte dies erleichtern.

Ich glaube, dass ich mit meinen Ausführungen nun genügend Stoff zur Diskussion geliefert habe und möchte daher jetzt den Diskutanten das Wort überlassen.

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2 Trackbacks von "Naturama Aarau: Eingangsreferat zur Diskussion „Wieviel Gegenwind hat die Windenergie“ von Hans Christoph Binswanger"

  1. am 5. Mai 2010 um 13:13
  2. am 2. Januar 2013 um 15:53