Urteil Verwaltungsgericht bestätigt Lärmrichtwertzuschlag durch Impulshaltigen Lärm

Wie EUROTICKER am 23. Februar 2011 meldet, hat die 5. Kammer des deutschen Verwaltungsgerichts ein interessantes Urteil gegen den Nachtlärm von Windkraftanlagen gesprochen. In zwei Urteilen vom 16. Februar 2011 (5 K 3/08 und 5 K 4/08) wurde den Klagen von Anwohnern aus Rissenthal statt gegeben. Sie haben sich über „übermäßige und untypische Schallemissionen“ der nahen Windräder beklagt. Nach einer Nachmessung, die den vorgeschriebenen Nachtlärmpegel von 40dbA bestätigt hat, besuchten die Richter die Anlage und begutachteten den Lärm „vor Ort„. Dieser Besuch war anscheinend überzeugend, wurde die Impulshaltigkeit und die Notwendigkeit eines entsprechenden Zuschlags bei Lärmgutachten von den Richtern klar bestätigt.

Die Suisse Eole sieht das ganz anders

Lärmschutzvorschriften für Windkraftwerke sind in der Schweiz inexistent. Die herangezogene Lärmschutzverordnung des Bundes verliert dazu kein Wort. Windkraftwerke gelten als „Industrielärm“ und werden deshalb sehr rudimentär behandelt. Das Bundesamt für Umwelt hat den Akustiker Kurt Heutschi und die EMPA damit beauftragt, ein Dokument zu erstellen, dass als Ergänzung angewendet werden sollte. Kurt Heutschi weist akribisch nach, dass die Pegelkorrektur K3 für den Impulsgehalt des Windkraftlärms notwendig ist und setzt sie bei 4 dbA an.
Wie üblich ohne jede nachvollziehbare Begründung wehrt sich die Branchenvereinigung der Windradlobby „Suisse Eole“ mit Händen und Füssen dagegen. Die halbstaatliche Organisation für die einseitige Beeinflussung der Bundesgesetzgebung zu Gunsten der Investoren und Betreiber von Windkraftwerken kämpft gegen jegliche Korrektur. Dies sei nicht nötig und scheut sich nicht davor, unauffindbare Studien „aus Deutschland“ als Begründung heranzuziehen – eine durchschaubare Taktik, die immer wieder angewendet wird, um die unausgegorenen und in der Regel nicht nachweisbaren Behauptungen zu untermauern.

Planungswert in der Schweiz ist zu hoch angesetzt

Die rechtlich verbindliche Lärmschutzverordnung definiert den Planungswert gemäss der den Wohnzonen zugeordneten Empfindlichkeitsstufen. So liegt der Planungswert für den Tag und für die ESII bei 50 dbA. In der Nacht sind für die gleiche Empfindlichkeitsstufe noch 40 dbA zulässig.
Das Problem ist dabei, dass Kernzonen von landwirtschaftlichen Weilern wegen der in wenigen Tagen des Jahres  Nachtlärm erzeugenden Landwirtschaft in die ESIII eingeteilt wurden. Damit konnte sinnvollerweise die landwirtschaftliche Tätigkeit bei Saat- und Erntezeit geschützt werden. Zum Zeitpunkt dieser Regelung gab es noch keine Windkraftanlagen. Projekte wie Heitersberg, St. Brais oder Peuchapatte liegen nun genau am Rande solcher Zonen. Für die Einwohner dieser verschlafenen und ruhigen Orte gilt also ein Planungswert von sagenhaften 50 dbA für die Nacht als Planungswert, der für die Bewilligung eingehalten werden muss. Das liegt ganze 10 dbA über den Werten, wie sie zum obigen Urteil aus Deutschland passen würden. Diese armen Schweizer müssen also den doppelten Lärm aushalten und dürfen nach Massgabe der Suisse Eole noch nicht einmal vom Abzug für die Impulshaltigkeit profitieren!

Die deutsche Regelung kommt nahe an Vorschläge aus England

Schon vor Jahren hat eine Studie für England ergeben, dass der Nachtlärm bei höchstens 33 dbA festgelegt werden sollte. Bezeichnenderweise wurde diese Studie umgehend schubladisiert, bis sie dann doch unter peinlichen Umständen und nach einer privaten Intervention im Büro für Information hat veröffentlicht werden müssen. Auch in England sitzen die Windradlobbyisten offenbar mitten im Verwaltungsapparat.

Dabei darf man nicht den falschen Eindruck zulassen, die Forderung nach 33 dbA sei etwas übertrieben. Diese Lautstärke entspricht dem Geräusch des Lüfters eines laufenden Laserdruckers. Im Schlafzimmer ist dieser Lärmpegel immer noch sehr gut wahrnehmbar und stört selbst dann, wenn er keinen Impulsgehalt hat. Bei offenem Schlafzimmerfenster hört man bei dieser Regelung immer noch den Lüfter eines Laserdruckers, der sich sinngemäss jede Sekunde ein- und wieder abschaltet. Findet jemand, diese Regelung sei „übertrieben“? Dann soll er oder sie das mal eine Nacht lange versuchen. Über den Kater würden wir gerne berichten.

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2 Trackbacks von "Urteil Verwaltungsgericht bestätigt Lärmrichtwertzuschlag durch Impulshaltigen Lärm"

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