4. Energiegipfel Baden

Kompetenz mit Ausnahmen

Der 4. Energiegipfel in Baden vom 8. September 2010 hat erneut überzeugt. Die Referate waren durchs Band von äusserst hohem Niveau. Sachliche Information über das komplexe Thema Energie ist ein rares Gut. Nicht ganz zufällig findet sich im Aargau das notwendige Potenzial an Fachleuten, die zum Thema hervorragende Perspektiven eröffnen können. Die Ausnahme bestätigt die Regel.

Landammann Peter C. Beyeler zeigt auf, dass zum Thema Energie viel Halbwahrheit verbreitet wird. Damit nimmt er den Inhalt des Referats von Rudolf Rechsteiner inhaltlich bereits vorweg. Aber zuerst mal zu den positiven Aspekten des Energiegipfels in Baden:

Die „neuen Erneuerbaren“ füllen die Stromlücke nicht – nicht annähernd

Niklaus Zepf ist als Leiter Corporate Development der Axpo Holding AG nicht unbeding als neutraler Berichterstatter hergekommen. Wie wahrscheinlich keiner der Referenten. Aber Niklaus Zepf zeigt in einem spannenden Vortrag auf, was die Erneuerbaren Energieträger leisten können – und was nicht. Er zeigt mit einfachen und nachvollziehbaren Fakten auf, dass es trotz dem Bau zweier neuer KKW nicht zu einer Luxusversorgung kommt. Durch sein Ausführungen wird klar ersichtlich, dass ein Verzicht auf diese Technologie zu einer starken Unterversorgung vor allem im Winterhalbjahr kommen wird. Und das mit Zahlen, die nicht aus dem warmen Luft gegriffen, sondern durch statistische Daten untermauert sind.

Der Peak – Oil macht Angst

Der Historiker Daniele Ganser möchte keine Ängste schüren. Seine lebhaft vorgetragenen Beispiele – ebenfalls nicht aus der Luft gegriffen – machen das ganz von selbst. Das Beispiel des Matterhorns, das den Peak – Oil darstellt, ist eindrücklich und kommt der Realität sehr nahe. Denn seit Jahren sind wir im Aufstieg begriffen – sprich, verbrauchen wir mehr und mehr Öl – ohne uns Gedanken um den Abstieg zu machen. Es ist noch nicht ganz klar, ob wir uns im Abstieg oder schon im freien Fall befinden. Der Aufschlag wird auf jeden Fall schmerzlich sein. Am Schluss beruhigt uns Ganser mit der Feststellung, dass das Leben weitergehen wird. Es fragt sich nur wie, denn in Anbetracht unserer weltweiten Überbevölkerung – unter anderem aufgrund der übermässig verbrauchten Energie – ist es schwierig, den Berg lebendigen Leibes wieder herunterzukommen. Denn fehlendes Öl katapultiert uns direkt ins Mittelalter zurück. Damals gab es noch keine Energiekrisen, dafür mehrere Hungersnöte. Und wenn der Mensch Hunger hat, wird er zu einem unberechenbaren Monster. Haben sie sich ihre Keule schon besorgt?

Rudolf Rechsteiner dreht jetzt komplett durch

Es ist nicht sicher, ob der Kabarettist Flurin Caviezel oder Rudolf Rechsteiner für die skurrilen Elemente des Morgens zuständig waren. Rechsteiner hat einmal mehr seinen Hang zu kafkaesken Energieversorgungsträumen Nachdruck verliehen. Seine Geschichten um eine gesamteuropäische Stromversorgung aus seiner geliebten Nordsee mit seinen angebeteten Windrädern hat so manchen Zuhörer zum Kopfschütteln gebracht. Seine Thesen sind hinlänglich bekannt, es gibt seit Jahren nichts Neues aus den alten basler Schläuchen. Eine neue Variante der „billigen erneuerbaren Energie“ muss erwähnt werden: Die „günstige“, lediglich eine Milliarde Dollar kostenden ABB – Stromleitung durch halb China. Rechsteiners Logik ist noch nicht bei den sklavenartigen Arbeitsverhältnissen, den staatlich aufgezwungenen Siedlungsräumungen ohne jegliches Einspracherecht der Betroffenen und dem Fehlen jeglicher Sicherheitsvorschriften zum Schutz diese Arbeiter angekommen. Und damit will er ernsthaft suggerieren, dass das wunderbare „Smart Grid“ Europas ebenfalls so günstig zu haben ist. Sicher, wenn wir die gleichen nordkoreanischen Verhältnisse in der Schweiz haben wollen, müssen wir weiterhin auf Leute wie Rudolf Rechsteiner hören. Die Unterhaltung durch Flurin Caviezel war demgegenüber nicht so skurril, aber sicher lustiger und befreiender.

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