Konzept Windenergie Schweiz – wie die kantonalen Schutzgebiete verschwunden sind

Das Konzept Windenergie Schweiz wurde Ende 2003 auf Anregung der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz erarbeitet. In gut freundschaftlicher Manier ist man mit Behörden und Vertretern der Windradlobby zusamengesesssen und hat gemeinsam ein Vorkonzept zur Vernehmlassung erarbeitet. Von Seiten der Windradlobby war die ADEV, die Energiestiftung (Nie wieder Atomkraftwerke!) und die Juvent SA in der Begleitgruppe integriert. Die Leitung des Projekts hatte Michael Kaufmann, damals Programmleiter und Vizedirektor des Bundesamtes für Engergie.

Kantonale Schutzgebiete in der Vernehmlassung einstimmig als Standorte ausgeschlossen

Der Vorbericht wurde dann im Dezember 2003 allen Kantonen und den Mitgliedern der Begleitgruppe zur Vernehmlassung vorgelegt. Die Anworten darauf findet man im  Bericht zur Vernehmlassung. Alle Bemerkungen zur Berücksichtigung der kantonalen Schutzgebiete (Das bezieht sich unter anderem auf kantonale Landschaftsschutzgebiete) als Ausschlussfaktor zeigen eine klare Zustimmung der Parteien. Es wurde sogar ein Abstand zu diesen Schutzugebieten verlangt. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass diese kantonalen und regionalen Schutzgebiete in irgend einer Weise von Windkraftprojekten tangiert werden sollten. Aber die beteiligten Bundesämter haben sich mit den teilweise fehlenden GIS Daten der kantonalen Schutzgebiete schwer getan. Nach einigem Hin- und Her hat das Bundesamt für Energie das Zepter an sich gerissen, weil man ja ein „Mandat“ dafür habe. Trotzdem  blieb die Formulierung zu den kantonalen Schutzgebieten auch in der Zusammenfassung klar und eindeutig:

Windparks sind nur ausserhalb von Schutzgebieten zulässig. Gewisse Schutzgebiete (z.B. kantonale und kommunale Natur- und Landschaftsschutzgebiete) waren nicht als GIS-Datensatz vorhanden und wurden darum bei der Standort-Modellierung nicht berücksichtigt.
Der Abstand der Windparks zu den Schutzgebieten ist eine Richtgrösse und muss im konkreten Fall beurteilt werden. Je nach Art des Schutzgebietes und auf Grund weiterer Faktoren kann der Abstand zum Schutzgebiet grösser oder kleiner als der Richtwert gewählt werden.

Wie von Zauberhand verschwunden

In der Version zur Vernehmlassung im Dezember 2003 wurde diese Definition der kantonalen und regionalen Schutzgebiete einfach weggelassen. Die Formulierung zum Schutz der kantonalen Schutzgebiete  ist im aktuellen Konzept Windenergie Schweiz verschwunden. Dafür findet man jetzt diese Formulierung:

Nationale Inventare und Schutzgebiete: …. Bundesinventar … Nationalpark

Verrat an der Umwelt durch die Vertreter von WWF und ProNatura

Die Umweltverbände SAC, Heimatschutz und Landschaftsschutz haben dagegen vergeblich protestiert. Die Vertreter des WWF und der ProNatura, Adrian Stiefel und Beat Jans, haben diesen Protest nicht mehr mitgetragen. Sie haben bei den entscheidenden Sitzungen mit Abwesenheit geglänzt. Obwohl in den Satzungen des WWF wie der ProNatura eindeutig die kantonalen Schutzgebiete als Tabu definiert waren und heute noch sind. Das heisst, die Vertreter des WWF und der ProNatura haben in dieser Sache nicht die Verbände vertreten, für die sie in der Begleitgruppe Einsitz genommen haben. Sie haben lieber für die lukrativere Seite der ihnen nahestehenden Windradlobby gearbeitet. Sie haben den ideologischen Fantasten um Rudolf Rechsteiner geholfen, die sie behindernden kantonalen Schutzgebiete aus dem Schutz zu mobben. Eine Legitimierung durch die Vorstände von WWF und ProNatura sucht man vergebens. Dort hat man den Lapsus entweder noch nicht bemerkt oder aus freundschaftlichen Gründen grosszügig darüber hinweggesehen.

Reiner Pragmatismus zur Vorbereitung des heutigen Raubbaus

Das führt heute zu problematischen Diskussionen bei allen Windkraftprojekten in der Schweiz. Ein Windpark Heitersberg oder Schwyberg würde sich nicht inmitten eines solchen Schutzgebietes planen lassen. Praktisch alle im Konzept nicht aufgeführten Windkraftprojekte müssten sich neu erklären. Das würde auch dringenden Sinn machen, weil wir heute mit Sicherheit sagen können, dass sich praktisch alle Projekte am untersten Akzeptanzlevel von ökologie und ökonomie bewegen. Da stellen sich schon ein paar Fragen:

  1. Wer hatte die Kompetenz, diese Formulierung aus dem Konzept zu löschen, obwohl alle Beteiligten die kantonalen Schutzgebiete berücksichtigen wollten?
  2. Wer konnte diese Manipulation an der Entscheidungsfindung vornehmen, ohne dass dazu auch nur ein einziger Vernehmlasser die Forderung gestellt hätte?
  3. Warum wurde die fehlende Definition trotz Protest von SAC, Heimatschutz und SL im Schlussdokument nicht vermerkt?

Es gibt da nur eine Möglichkeit: Der verantwortliche Autor des „Konzept Windenergie Schweiz“ hat seinem Einflüsterer Robert Horbaty einen weiteren Gefallen getan. Nur er hatte die Möglichkeit, während der Schlussphase der Erstellung des Konzepts diesen Einfluss auszuüben. Fragen zu diesem Vorgehen werden denn auch nicht mehr beantwortet. Angekommen sind nur peinliche Ausflüchte und beschönigende Behauptungen. Adrian Stiefel hat gar nicht geantwortet. Beat Jans versuchte ein paar intelligente Phrasen, die eher verwirrend denn aufklärend gewirkt haben.  Es herrscht das grosse Schweigen, wenn man die richtigen Fragen stellt. Alles in Allem eine unschöne Geschichte aus dem internen Machtzirkel der Bundespolitik und ihrer Funktionäre.

Schweizer Variante der Korruption

Dieses Vorgehen erinnert stark an Vorgänge in England, wo der Windradlobby zudienende Beamte wichtige Informationen zu Lärmgutachten unterschlagen haben. Es ist offensichtlich dort wie hier ein Wurm drin in der Verwaltung. Wenn sich heute nach der Inbetriebnahme des Windparks St. Brais herausstellt, dass man sich bei den Lärmmessungen „geirrt hat„, dann ist das nur die Spitze eines Korruptionseisberges, der sich in unseren Beamtenstuben offensichtlich schon länger breit gemacht hat.

Heuchlerische Windradlobby

Für die Ökostromzertifizierung und bei der Planung wird von der Windradlobby eindeutig Bezug auf das Konzept Windenergie Schweiz genommen.  Die Suisse Eole wartet sogar mit einer „umweltverträglichen Selbstbeschränkung nach dem Konzept Windenergie Schweiz“ auf. Konkret auf dem Heitersberg und dem Schwyberg verstösst die Suisse Eole aber eindeutig gegen diese medienwirksame „Selbstbeschränkung“. Den geforderten Bau von WKA sogar in Landschaftsschutzgebieten des Bundesinventars BLN konnten die ProNatura nur noch mit einem schlechten Deal verhindern. Wo es nur geht, werden rechtlich gummige Begriffe bis zur Überdehnung zu Gunsten der Windkraft interpretiert. Eindeutige technische Probleme wie Lärm und systemisch bedingte ineffiziente Stromproduktion werden geschönt oder negiert. Es muss deshalb auch angenommen werden, dass der fehlende Passus über kantonale Schutzgebiete auf Anraten der Windradlobby entfernt wurde. Eine seltsame Art der „Selbstbeschränkung“.

Die vierte Macht lässt sich für ihre Dienste vom Meistbietenden bezahlen

Der Unterschied zu England ist nur die abwesende kritische Presse, die solche Schweinereien aufdecken und an die Öffentlichkeit bringen sollte. Unsere Medien sind offenbar nicht in der Lage, eine Begebenheit zu analysieren und kritisch zu beleuchten. Diese vierte Macht ist in der Schweiz zu einem lächerlichen Abklatsch der ursprünglichen Idee mutiert. Feige Journalisten zittern vor gekauften Doktoren und Wissenschaftlern, die ihnen jeden Mist auftischen können. Es ist kein Wunder, wandert die Presse langsam aber sicher ins freie Internet ab. Erfrischende Ausnahme dazu sind Alex Baur und Peter Burkhard von der WELTWOCHE. Sie sind die einzigen Journalisten, die die Freiheit haben, die Tatsachen ungeschminkt einer Öffentlichkeit darzulegen. Sie sind Rufer in der Wüste. Sie sind bald Rufer in der Windradwüste.

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1 Trackback von "Konzept Windenergie Schweiz – wie die kantonalen Schutzgebiete verschwunden sind"

  1. am 26. Februar 2010 um 15:45