Die letzten Windräder?

Originaltext: l’Illustré, Par Philippe Clot – Mis en ligne le 24.08.2010

Die aktuellen Windparkprojekte mobilisieren die Gegner mehr denn je. Die acht neuen, gigantischen Windräder auf dem Mont Crosin (Berner Jura)  sind deshalb nicht mehr in Gefahr. Aber die 108 weiteren bekannten Projekte riskieren, die Fahne streichen zu müssen.

Die Windkraftnutzung hat gerade erst so richtig Aufschwung erhalten, nun stehen die Zeichen bereits auf Sturm. Je länger je mehr werden die Windräder nicht mehr als Botschafter einer naturnahen Energieversorgung betrachtet. Sondern als Zerstörer der Landschaft. Der Wind dreht ausgerechnet jetzt, wenn die grössten Projekte in Angriff genommen werden sollten.

Mit den acht zusätzlichen grossen Windkraftanlagen, die den wesentlich Kleineren zugebaut wurden, sieht der Windpark auf dem Mont Crosin nun wie ein richtiger grosser Windpark aus, wie man ihn auch an den Küsten Dänemarks antrifft. Damit wird die bestehende Leistung des Mont Crosin verdreifacht und die durch Windkraftwerke erzeugte Kapazität schweizweit um 40% erhöht. Das entspricht dem Verbrauch einer kleinen Stadt, was den auch anwesenden Kühen trotz dem pulshaltigen Lärm ziemlich unwichtig zu sein scheint.

Die Installation dieser Windmühlen der Marke Vestas fand reges Interesse bei der Bevölkerung und auch den lokalen Honoratoren. Im benachbarten Bauernhof wurd eine Kaffeteria namens „café mit“ improvisiert. Jedes neue Turmstück und jeder neue Rotor hat hunderte von Berner und Jurassier magisch angezogen. Die Montage der riesigen Kanzel auf einer Höhe von 95 Metern, die an das Zusammenbauen eines Stücks LEGO erinnert hat, war den Aufstieg auf die Weiden des Mont Crosin wert.

Herr der Lage

Es ist eindeutig: Die BKW hat Erfolg mit ihrer Anlage auf dem Mont Crosin. Im Gegensatz zu Saint Brais, das mit der gleichen Idee völlig versagt hat. Dort sind die beiden Anlagen zu nahe an das Wohngebiet herangebaut und deshalb der Grund für ein schwieriges Zusammenleben, auch unter der Dorfbevölkerung. Ist die Windenergie eine valable Lösung für die Schweiz, die solche enormen Nachteile für Mensch, Landschaft und Natur rechtfertigen? Martin Pfisterer, Direktor der den Mont Crosin betreibenden Juvent SA sagt dazu:

Wir können in der Schweiz niemals wesentlich mehr als 1% der Energieversorgung durch Windkraftwerke sicherstellen.

Entlang der ganzen Jurakette ist derweil der Deich gebrochen und dutzende Projekte trennen die Bevölkerungsmeinung schon vor dem ersten Spatenstich. Der Mont Crosin hat keine solchen Probleme. Er könnte möglicherweise für immer drehen, sagt der Chef des klassenbesten Windparks der Schweiz.

Das ist deshalb, weil Martin Pfisterer selbst von den Windkraftgegnern respektiert wird. Er ist Advokat und seit sechzehn Jahren Direktor der Juvent SA, bekannt als ein Meister des Dialogs.

„Um solche Anlagen in einem dermassen dicht bevölkerten und landschaftlich schönen Land aufstellen zu wollen, muss man unbedingt die Bevölkerung von Beginn weg einbeziehen. Dieser Dialog darf auch nach dem Bau nicht nachlassen. Das wäre ein taktischer Fehler.“

Nur 40 Millionen KWh Strom

Die anfänglichen Turbulenzen bei der Planung des Mont Crosin hat Pfisterer in zusammearbeit mit der Stiftung Landschaftsschutz und dem Bundesamt für Energie kanalisiert. „Es wurde vereinbart, auf den Hügelkreten keine Windräder aufzustellen um die ästhetische Wirkung für die Wohngebiete zu minimieren. Und wir haben die Windräder in Gruppen unterteilt, jede zwischen je einer Geländetasche unberührter Natur. Wanderer würden sich nicht wohlfühlen inmitten eines Geländes, das ausschliesslich für die Nutzung der Energiewirtschaft gebaut wurde. Und das Planungsgebiet ist endgültig. Es werden keine weiteren Anlagen mehr gebaut.

Aber ist es der Aufwand wert für lediglich 40 GWh sechzehn dieser Maschinen zu betreiben und damit lediglich einen Tausendstel des Strombedarfs der Schweiz zu produzieren? „Das ist zwar wenig, aber auch nicht nichts“, präzisiert Pfisterer, „es ist immerhin Strom für 13’000 Haushaltungen.“

Nukleare Motivation?

Es gibt zwei Gründe, warum die Elektritzitätsunternehmen der Schweiz ihren Berner Kollegen mit einigen Dutzend weiteren Windparks folgen wollen. Der erste ist finanzieller Art. Die 20 Rappen Subvention pro KWh Windstrom machen den Wind zu einem lukratives Geschäft. Die Kostendeckende Einspeiseverfügung des Bundes (KEV) erlaubt garantiert einen marktüblichen Preis für den erzeugten Strom. Aber die Juvent SA hat auf diese Möglichkeit verzichtet. „Wir werden durch die 6’000 Kunden und Unternehmen finanziert, die sich bereit erklärt haben, uns 18 Rappen Aufpreis pro KWh Strom zu bezahlen.“

„Mit diesen Windrädern füllen sich die einen die Taschen, den Lärm haben aber andere.“ Oliver Lador, einer der Führer der Opposition gegen Windprojekte

Ohne diese freundliche und uneigennützige Unterstützung sind unsere Anlagen nicht in zehn, aber sicher in zwanzig Jahren amortisiert. Bei einer Lebenserwartung von 25 Jahren. Das wirtschaftliche Interesse ist also klein. Wir bedauern, dass diese 350 Millionen Franken an Subventionsgeldern nicht genauer überprüft werden mit den Kantonen. Es sollten damit vor allem gute Bewirtschaftungspläne gefordert werden.

Wenn man die Menschen der Region nicht ernst nimmt, ist ein solcher Windradboom reine Verücktheit. Es wird überall so ausgehen wie in Saint Brais und führt zu einer systematischen Opposition der Windkraft in der Schweiz. Deshalb gelingt es dem Bund nicht mehr als bisher 50 anstatt 350 Millionen CHF dafür zu verteilen.  Wegen der Opposition.

Die zweite Motivation der Stromversorgungsunternehmen ist politisch. Sie wollen damit zeigen, dass die neuen Kernkraftwerke notwendig sind. Denn wenn es so weiter geht, werden wir nie mehr als 1% der Stromversorgung aus Windkraft erreichen.

Um einen baldigen Energiemangel abzuwenden, müssen wir unbedingt eine neue Kernkraftzentrale bauen, weil uns Frankreich ab ca. 2020 keinen Strom aus ihren Kernkraftwerken mehr verkaufen kann. Windkraft kann einen Kernreaktor nicht wirklich ersetzen.

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