Windräder und Klimaschutz – lasst uns das mal zusammen nachrechnen!

Bevor wir beginnen, ein Blick auf die Fakten

Wir verwenden hier die aktuellsten Zahlen vom Bundesamt für Statistik. Die Links führen jeweils zu den Quellen der Angaben:

  • Ziel des Bundes für das Jahr 2030: 600 GWh Strom aus Windkraftanlagen. Das sind 1.038 % des schweizerischen Stromverbrauchs des Jahres 2006 (600 / (57800 / 100))
  • Gesamtenergieverbrauch Schweiz 2007: 865’420 Terajoule (TJ). Das entspricht 240’414 GWh.
  • CO2 – Äquivalente Emission CH Gesamtenergieverbrauch 2007: 50,88 Mio Tonnen (Seite 11, Grafik unten)
  • Stromverbrauch CH gesamt 2006: 57’800 GWh (Seite 3 unten)
  • 1 TJ = 0.2778 GWh (Siehe „Umrechnungsfaktoren“ etwa in der Mitte)
  • Anteil Stromverbrauch an Gesamtenergieverbrauch = 24.04% (57’800 / (240’413.67 / 100))
  • Anteil CO2 Emission der schweizerischen Stromerzeugung: 70 g/KWh. Diese Zahl ist heftig umstritten. Die grossen Stromerzeuger reden von weniger als 10 g/KWh, die als kernkraftfeindlich bekannte SES (Schweizerische Energiestiftung) redet von weit über 100 g/KWh.
  • Anteil Energieverbrauch *NICHT STROM* = 75% am Gesamtenergieverbrauch, also 180’310 GWh.
  • Anteil CO2 Emissionen des Energieverbrauchs ohne Stromanteil: 300 g/KWh. Diese Zahl ist weitgehend unbestritten über alle politischen Gruppierungen hinweg. Es gibt höchstens marginale Differenzen. Das kommt daher, weil die fossilen Energieträger relativ gut berechenbar sind, was den Ausstoss von CO2 betrifft.
  • Windstrom ist nicht CO2 – neutral, Siehe TEP – Studie (verhält sich ähnlich wie Wasserkraft im Verbund mit europäischem Strommix). Siehe auch EMPA/ETHZ Ecoinvest. Pro erzeugte KWh rechnen wir mit einen Mix der verschiedenen Studien, also ca. 20 Gramm CO2 pro KWh. Die erreichbare CO2 Einsparung mit Windkraftwerken gegenüber dem normalen Strommix rechnen wir demnach mit 50 Gramm pro erzeugte Kilowattstunde Windstrom. Das sind bei 600 GWh (600 GWh * 50 T = 30’000 T (Tonnen).

Die Rechnung und ein Fazit

Das jährliche Einsparpotential von CO2 durch Windkraft in der Schweiz im Jahr 2030 beträgt demnach 30’000 Tonnen. Auf den ersten Blick ist das eine grosse Menge. Im Verhältnis zur Gesamtemission CO2 unseres Energieverbrauchs ist das aber lediglich ein Anteil von 0.059%.

  • Ein einziger und einfacher Aufruf von Verkehrsminister Leuenberger, das Auto stehen zu lassen, brächte mehr.
  • Die konsequente Umsetzung des neuen Aargauer Energiegesetzes hätte eine wesentlich grössere Wirkung. Schon im ersten Jahr.

Wenn wir im Jahr 2030 Windkraftwerke mit der Produktionskapazität für 600 GWh einsetzen, sparen wir demnach lediglich 0.06% des CO2 Ausstosses gegenüber dem heutigen  Gesamtenergieverbrauch ein. Trotz der dannzumal zu erwartenden Verminderung des fossilen Energieanteils bei Heizung und Verkehr, wird sich trotzdem nicht allzuviel ändern, weil die Stützung des Windstromanteils durch ein grosses Gaskraftwerk à la Chavalon den Anteil CO2 für die Stromproduktion wieder erhöht. Wird Chavalon gebaut, emittiert es jährlich 500’000 Tonnen CO2. Das ergibt die interessante Tatsache, dass wir bei wenigen Windkraftwerken am meisten CO2 einsparen, weil wir keine Destabilisierung des Stromnetzes zu befürchten haben – wegen der marginalen Wirkung des kleinen Windstromanteils darin. Mit den angestrebten 600 GWh Windstrom im Jahr 2030 kann man nicht mehr von einer Marginalie reden. Bei Wegfall von 588 MW Windstrom muss innert weniger Sekunden Ersatzleistung eingespiesen werden können.

Energiemix im Jahr 2030

Gaskraftwerke sind als einzige Stromerzeuger in der Lage, in der erforderlichen Zeit einspringen zu können, wenn Windkraftwerke wegen Flaute oder Sturm plötzlich wegbrechen (30 Sekunden). Kernkraftwerke werden diesen Ersatz nur dann leisten können, wenn sie im Normalbetrieb über Kapazitäten verfügen, die sie dann sofort an ein destabilisiertes Netz abgeben können. Diese Überkapazität ist praktisch komplett verlorene Energie, wenn sie nicht verbraucht wird. Diese Regelenergiemenge für die Primärregelung betrug in Deutschland im Jahr 2003 bereits 3GW (Seite 23, Mitte) . Das entspricht der Leistung von 3 grossen Kernkraftwerken.
Trotzdem gibt es starke politische Gruppierungen, die den Ausstieg aus der Kernkraft mit allen Mitteln und entgegen jeder Vernunft durchsetzen wollen. Das würde zu genau der gleichen abstrusen Situation wie in Deutschland führen: Weniger Strom aus CO2 – armer Kernkraft und massiv mehr Strom aus CO2 intensiver Gaskraft. Dazu eine erhöhte Abhängigkeit von instabilen Staaten wie Russland. Dies wäre ein klassisches Multipack an lösungsorientierten Massnahmen – nur eben teurer und schlechter für alle.
Die 600 GWh Stromjahresmenge aus Wind entsprechen einer direkt nutzbaren Spitzenleistung von 600 MW (300 Windkraftwerke à 2 MW Leistung). Diese Leistung wird allerdings nur bei starkem, landesweitem Windaufkommen möglich sein. In der Realität dümpelt dieser Wert zwischen 2% (12 MW) und praktisch unerreichbaren 100% (600 MW). Zahlen von unserem Spitzenwindkraftwerk „Mont Crosin“ zeigen, dass statistisch nur alle 6 Tage ein beachtliches und deshalb für die Stromproduktion relevantes Windaufkommen zu erwarten ist. Mit „beachtlich“ sind nicht 100% oder 600 MW gemeint. Man wäre hier schon mit der Hälfte zufrieden.

200 Gramm CO2 für Stützung des Windstroms

In Deutschland muss für diese Stützung des bei Flaute wegfallenden Stromproduktion mit mindestens zusätzlichen 200 Gramm pro KWh gerechnet werden. In diesem für Deutschland jetzt schon realen Szenario fällt die CO2 Bilanz von Windkraftwerken negativ zu Buche. In Deutschland müssen konventionelle Kraftwerke regelmässig einspringen, um die fehlende Windstromkapazität ausgleichen zu können. Das wäre in der Schweiz des Jahres 2030 auch der Fall. Die Windverhältnisse des Binnenlandes Schweiz sind unvergleichbar schlechter, als beim nördlichen Nachbar mit Meeranstoss.
Es ist deshalb notwendig, in Deutschland von zwei parallel laufenden Stromversorgungssystemen zu sprechen. Das konventionelle System bürgt für die Sicherheit für den Fall, wenn das System mit erneuerbarer Energie wieder mal wegbricht. Auf absehbare Zeit wird Deutschland deshalb weder auf Kern- noch auf Gas- oder Kohlekraftwerke verzichten können. Dieses System wollen Politiker und Lobbyisten nun auch in der Schweiz einführen. Das Disaster ist absehbar …

Chavalon und die CO2 Kompensation im Inland

Das Gaskraftwerk Chavalon muss voraussichtlich den gesamten Ausstoss an CO2 im Inland kompensieren. Interessanterweise wurde in diesem Zusammenhang noch nie von Windkraftwerken als Kompensationsmöglichkeit geredet. Was auch richtig ist, sind doch Windräder eine der Hauptursachen, warum ein Gaskraftwerk überhaupt in Betrieb genommen werden muss. Es freut den Windkraftkritiker, dass sich die Politiker dieser Tatsache offensichtlich bewusst sind. Oder hat die Marketingabteilung der Suisse Eole geschlafen? Die Windradlobby ist normalerweise schnell darin, mit Trompeten und Posaunen die verwunderlichsten Eigenschaften ihrer „Kinder“ hinauszuposaunen. Aber möglicherweise fürchtet man auch einfach das aufklärende Echo.

 

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