Auf dem Heitersberg geht es langsam aber sicher zur Sache. Die Behörden sind auf’s Äusserste gespannt. Auf der Gemeindekanzlei des Fleckens Remetschwil wird in diesen Zeiten Baugeschichte geschrieben. Das erste Grosswindkraftwerk der Nordostschweiz wurde nach langem Hin- und Her mit der Veröffentlichung des Baugesuchs auf den Weg geschickt.
Zuerst eine Pro-Forma Windmessung erwirken …
Die Behörden der Gemeinde Remetschwil waren von Beginn weg mit diesem komplexen Projekt überfordert. Das ist der Normalzustand in der Schweiz und wahrscheinlich in jeder Gemeinde der Welt. Schon im Jahr 2007 wurde das augenfällig. Eine Baubewilligung für die Windmessanlage wurde auf dem Latrinenweg bewilligt. Die betroffenen Anwohner hatten dazu NICHTs zu sagen. Trotz klarer Anweisung durch den Kanton, dass bei einer zu erteilenden Ausnahmebewilligung auf jeden Fall ein ganz normales „Baugesuchsverfahren“ hätte in Anwendung kommen müssen. In der Antwort zum Baugesuch Nr. BVUAFB.07.1519-1 durch die Abteilung für Baubewilligungen ist das klar ersichtlich:
Punkt 2.1 Baubewilligungspflicht
Messeinrichtungen sind zwar gemäss §30 lit. f ABauV1 im ganzen Gemeindegebiet von der Baubewilligungspflicht ausgenommen. Gemäss §30 Abs. 3 muss, falls eine Ausnahmebewilligung erforderlich ist, ein Baugesuchsverfahren durchgeführt werden…
… Die Messstation ist deshalb auf eine Ausnahmebewilligung gemäss §67 BauG3 angewiesen.
Die katastrophal unwissenschaftliche Messung, die in den folgenden 19 Monaten stattgefunden hat, passt perfekt in dieses unprofessionelle Vorgehen einer verantwortlichen Gemeindebehörde. Durch die Nichtveröffentlichung hat der damalige Gemeinderat verhindert, dass die Messung auf wissenschaftlichen Kriterien hätte aufbauen können. Ausserdem hätte eine Vogel- und Fledermausbeobachtung am selben Turm wesentlich zur Aufklärung der Probleme beitragen können. Der Gemeinderat hat sich bisher für dieses Vorgehen in keiner Weise entschuldigt.
Es passt hervorragend zu diesem Vorgehen, dass nach Ablauf der Frist grosszügig auf eine pünktliche Räumung der Anlage verzichtet wurde. Die Initianten durften noch drei weitere Monate weiterwursteln. Im Antrag hat man das damit begründet, dass die abbauende Firma aus Deutschland gerade etwas überlastet sei. Vorher musste die IG WINDLAND die Gemeindebehörde erst darauf hinweisen, dass die Anlage auf den 1. Januar hätte entfernt werden sollen. Grundprinzip: Antrag der Initianten = gutheissen / Antrag der Gegner ablehnen.
Wie wir in desen Tagen von der Meteotest erfahren haben, wurden diese Daten entgegen den mündlichen Angaben der Initianten NIE analysiert. Die an praktisch allen Windmessungen des Landes beteiligte Metotest wurde also weder beratend noch technisch beigezogen. Was ist wohl der Grund, warum diese Winddaten lediglich bei der kleinen, unbekannten Firma JH Wind in Deutschland ausgewertet wurden? Ist es die vermutete Nähe dieser Firma zum umtriebigen Initianten Thomas Leitlein, dass die Schattenwurfanalyse offensichtlich falsch und das Windaufkommen entgegen allen „offiziellen“ Werten dermassen stark nach oben abweicht? Oder ist es die gleiche Geschäftspolitik wie bei den meisten Windradprojekten in der Schweiz? In der Planungsphase übertreiben und dann grosszügig darüber schweigen?
Die Messdaten sind mit gutem Grund nicht öffentlich zugänglich. Eine neutrale Analyse würde meistens ungenügendes Windaufkommen belegen. Sie werden der Öffentlichkeit mit der unhaltbaren Begründung vorenthalten, die Daten könnten sonst von Dritten für ein eigenes Projekt missbraucht werden. Dass diese Begründung reine vorgeschobene Rhetorik ist, haben wir an anderer Stelle gezeigt. Es geht den Windbauern dabei lediglich um die Verschleierung des schwachen Windaufkommens. Könnte man die zugrundeliegenden Winddaten prüfen, würde sich noch manches Projekt erklären müssen. In Deutschland wurde aus diesen Gründen im Jahr 2004 eine Referenzleistung für alle Anlagen eingeführt. Wer die geforderte Strommenge nicht erreicht, verliert Anspruch auf Subventionen. Damit wurde dem grassierenden Missbrauch falscher oder beschönigter Daten ein wirksames Mittel entgegengesetzt. Aus naheliegenden Gründen, hat das schweizerische Bundesamt für Energie darauf verzichtet. Mit solchen Kriterien würde auf dem Heitersberg und wahrscheinlich auf keinem Hügel der Schweiz ein Windkraftwerk gebaut.
… dann die Profilierung vereinfachen
Drei Jahre später, nach einer ersten Ablehnung der am 29. September eingereichten Baugesuchs wegen fehlender Bewilligungsfähigkeit durfte die zwängelnde Bauherrschaft dann trotz Zwang zur Veröffentlichung wieder von der Grosszügigkeit der Gemeindebehörden profitieren: Mit einer schwachen Begründung wurde der Antrag vom Gemeindekanzler widerstandslos durchgewinkt. Bevor die Gemeinderäte überhaupt in Kenntnis gesetzt wurden, durfte die Mittelland Windenergie GmbH eine „vereinfachte“ Profilierung vornehmen. Das Bild zeigt, wie das mit Hilfe von Do-it-yourself und ohne Wasserwage ausgeführt wurde. Wieder einmal hat der Gemeinderat Remetschwil die Entscheidung dem Kanton überlassen.
Der noch am 23. Dezember eingereichte, gut begründete Antrag auf Nichteintreten durch die Gegner des Windparks wurde abschlägig beantwortet. Obwohl der eigentliche Entscheid für die vereinfachte Profilierung durch den Gemeinderat zum Zeitpunkt des Gegenantrages noch gar nicht stattgefunden hat! Für die Beantwortung des Gegenantrag hat sich die Gemeinde zur Form eines einfachen e-mail entschlossen. Die spitze telefonische Bemerkung, dass man sich wohl etwas in diese Sache „verbissen“ hätte, zeigt auf, dass das Verständnis für diesen politischen Kampf bei gewissen Gemeindefunktionären noch ziemlich mangelhaft ist. Die unglaublich naive Begründung beweist es nachdrücklich. Nach dieser Logik gibt es ausschliesslich aufgeklärte Gegner und Befürworter. Dass es auch den „normalen“ Bürger interessieren könnte, wie sein Erholungsgebiet gerade verbaut wird, kann man sich da nicht vorstellen. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass sich die solchermassen mit Samthandschuhen gestreichelten Windradeuphoriker noch öffentlich beschweren, der Gemeinderat sei nicht neutral. Das war jetzt das dritte Mal, dass im Zweifel für die Initianten dieses Wahnsinns entschieden wurde. Die Rückweisung der Baubewilligung konnte ja aufgrund der entsprechenden Signale des Kantons ohne viel Mut ausgeführt werden:
Sehr geehrter Herr Merkli
Da die nächste Gemeinderatssitzung erst nächste Woche stattfindet, habe ich
Ihren Antrag eingescannt und zwischen Weihnachten und Neujahr allen
Gemeinderäten per Mail zum Studium und zur Stellungnahme zugestellt.Nachdem die Profilierung vorgängig mit der Rechtsabteilung des Departementes
Bau, Verkehr und Umwelt abgesprochen wurde, entsprechende Fotomontagen
vorliegen und sämtlichen Personen – ob Gegner oder Befürworter – die
effektiven Masse der Anlage bewusst sind, verzichtet der Gemeinderat, auf
seinen Entscheid zurückzukommen.Im Übrigen stellen Sie in Ihrem Antrag richtig fest, dass der Gemeinderat
das Bauprojekt mit dem Antrag auf Ablehnung an die kantonalen Behörden
weitergeleitet hat.Wir bitten Sie um Kenntnisnahme.
Freundliche Grüsse
Es muss nicht sonderlich erwähnt werden, dass der Entscheid für eine vereinfachte Profilierung vor allem beim Gemeinderat liegt. Die erwähnten Fotomontagen wurden nach Angaben der Windradfreunde von einer „professionellen“ Stelle, immerhin einem „Geographen“ durchgeführt. Wer die Fotos nun anschaut, erkennt mit Leichtigkeit, dass sie in sich selber inkonsistente Höhen darstellen. Aber es war ja schliesslich ein „professioneller Geograph„, also bitte ja keine Zweifel anbringen! Aus praktischen Gründen gibt es seit diesem Präjudiz für nichts und Niemanden mehr auch nur den kleinsten Grund, eine ordentliche Profilierung vorzunehmen. Ein Kreidestrich am Boden genügt vollauf für ein Gartenhäuschen! Denn „alle Beteiligten Gegner und Befürworter können sich die Ausmasse bestens vorstellen.“
Prime Tower musste auch profilieren
Mit seinen 126 Meter Gesamthöhe musste der Prime Tower in Zürich als grösstes Gebäude der Schweiz ganz normal profilieren. Nun ist es so, dass man sich in der Gesamtbevölkerung wohl einfach einen Wolkenkratzer vorstellen kann. Die sieht man überall herumstehen. Auch Schweizer wissen in etwa, dass ein Gebäude inmitten der Stadt Zürich mit 126 Metern gross und dominant wirkt.
Bei Windkraftwerken ist das fundamental anders. Erstens ist das Objekt inmitten einer unverbauten Landschaft ohne Vergleichsmöglichkeiten. Darüber hinaus steht es inmitten eines Landschaftsschutzgebietes, das besonderen Schutz beanspruchen kann. Es ist unverständlich, dass ein Gemeindekanzler über solch entscheidende Ausnahmen ALLEIN entscheiden kann, ohne vorgängig den Gemeinderat mindestens konsultieren zu müssen. Wenn ein Gemeindepräsident solche Kompetenzen einfach an seine Mitarbeiter weitergibt, stellt sich die Frage nach dem Sinn seines Amts.
Es ist uns bekannt, dass mindestens ein Gemeinderat von diesem Vorgehen ausgeschlossen war. Es würde uns sehr interessieren, wie die demokratischen Entscheidungsfindung in dieser Sache funktioniert hat.
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